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Gott ist es daher allein nach A. G., der das Aeufsere mit dem Innern, und das Innere mit dem Aeufsern, verbindet, der die äufsern Erscheinungen zu innern Vorstellungen, zu Vorstellungen des Geistes, die Welt daher ihm anschaulich macht, und die Bestimmungen des Innern, den Willen zu äufserer, über die Gränze der Ichheit hinausgehender That werden läfst. Jede Wirkung, jede Handlung, die Aeufseres und Inneres, die Geist und Welt (Gegensätze). verbindet, ist daher weder eine Wirkung des Geistes, noch der Welt, sondern nur eine unmittelbare Wirkung Gottes.

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Die Bewegung in meinen Gliedern, sagt A. G., erfolgt nicht auf meinen Willen, es ist nur Gottes Wille, dafs diese Bewegungen erfolgen, wenn ich will. Mein Wille bewegt jedoch nicht den Beweger dazu, dafs er meine Glieder bewegt, sondern der, welcher der Materie die Bewegung mittheilte und ihr Gesetze gab, eben der schuf auch meinen Willen, und er hat daher die unterschieddichsten Dinge, die Bewegung der Materie und die Willkühr meines Willens so unter einander verbunden, dass, wenn mein Wille will, eine solche Bewegung erfolgt, als er will, und wenn die Bewegung erfolgt, der Wille sie will, ohne dafs sie jedoch in einander einwirken, oder einen physischen Einfluss gegenseitig auf sich ausüben. Im Gegentheil, wie die Uebereinstimmung zweier Uhren, die ganz gleich gehen, so dafs, wenn die eine, anch die andere die Stunden schlägt, nicht von einer gegenseitigen Einwirkung, sondern nur daher kommt, dafs beide gleich gerichtet oder gestellt wurden so hängt die Uebereinstimmung der Bewegungen des Körpers und des Willens nur von jenem erhabenen Künstler ab, der sie auf diese unaussprechliche Weise mit einander verbunden hat. [4]

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Meine Handlung geht daher nicht eigentlich über mich hinaus, sie bleibt immer in mir haften; nur defswegen, weil mit meiner Handlung, d. i. meinem Willen Gott Bewegungen in meinem Körper verknüpft hat, scheint die Handlung meines Willens, wenn Bewegungen auf sie folgen oder sie begleiten, gleichsam ausser mich hinaus, und in meinen Körper überzugehen; jedoch die Handlung selbst, sie, wie sie meine Handlung ist, geht nicht über mich hinaus; denn die in den Körper übergegangene Handlung ist nicht mehr meine, sondern die Handlung des Bewegers. [5]

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Gott also verknüpft oder vereinigt durch seinen Willen nach bestimmten Gesetzen Geist und Körper, aber die Art und Weise, wie er sie verknüpft, ist unerkennbar, ist unaussprechlich; denn unaussprechlich ist das, von dem man wohl erkennt, dafs es ist, aber nicht, wie es ist. Die Vereinigung von Geist und Körper ist daher ein Wunder, und Ich selbst, als der Zuschauer der Welt, bin unter den anstaunungswürdigen Wundern der Welt das gröfste und unaufhörliche Wunder; denn es ist unbegreiflich, wie Ich, der ich so ganz und gar von der Welt unterschieden bin, sie anschauen kann. [6]#39

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Nicht ohne Interesse für die Geschichte der Erkenntnifs ist das System des Arnold Geulinx, besonders auch defswegen, weil es in der offnen Behauptung, die Vereinigung von Leib und Seele und überhaupt die Welt sei ein Wunder, ein Unbegreifliches, Unaussprechliches, den wahren Grund oder Ursprung aller Unbegreiflichkeiten, der in vielen Denkarten oder sogenannten. Systemen der neuern Zeit versteckt ist, wenigstens nicht leicht gefunden wird, so klar und unverhohlen an den Tag legt. Man geht nämlich von einseitigen und beschränkten Begriffen oder Vorstellun

gen aus, die aber, ungeachtet ihrer Einseitigkeit und Beschränktheit, für absolute gelten, ohne bezweifelt, d. i. ohne in ihrer Beschränktheit erkannt zu werden, für die richtigen, die einzig annehmbaren genommen werden; im Verlaufe aber des Denkens nun kommt man auf Fakta, die jenen Vorstellungen widersprechen, aus ihnen nicht erkennbar, ja vielleicht geradezu die Verneinung derselben sind. Da man nun nicht auf die Begriffe, von denen man anfängt, und die die Fundamentalbegriffe sind, zurückgeht, um sie in ihre Schranke zurückzuweisen, weil sie als die unbeschränkten, die absolutwahren vorausgesetzt sind; so ist es eine nothwendige Folge, dafs man die aus jenen, einseitigen Vorstellungen oder Begriffen nicht erkennbaren Fakta als unbegreifliche, als Grenzen der Vernunft selbst, als Dinge, die über die Vernunft hinausgehen, bestimmt, aus dem sehr begreiflichen Grunde, weil jene einseitigen Begriffe für die einzig vernünftigen, für die Vernunft selbst gelten, und daher statt, dafs die Ursache dieser Unbegreiflichkeit in der Beschränktheit je ner Begriffe erkannt, sie vielmehr auf die Vernunft selbst geschoben wird.

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So ist es auch hier bei A. G. der Fall. Er geht aus von dem Begriffe des Geistes, als des sich nur im Unterschiede vom Materiellen wissenden Selbstes, das von ihm nicht in seiner Schranke, als ein Moment des Geistes erkannt ist, sondern ihm für den ganzen Geist, für das Wesen selbst des Geistes gilt, und von dem Begriffe der Ausdehnung, als der einzig wesenhaften Bestimmung des Körpers. Beide Begriffe sind unvereinbar. Nun ist aber die Vereinigung von Leib und Geist ein Gewisses, ein Faktum, und jene Begriffe gelten für die einzig richtigen, für die absoluten, die vernünftigen oder mit der Vernunft identischen;

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die Vereinigung von Seele und Körper ist daher als ein über jene Begriffe Hinausgehendes, als ein ihre Einseitigkeit, die gerade ihre wesentliche Bestimmung ist, in der sie gerade als die richtigen festgehalten werden, Verneinendes, begreiflicher Weise ein Unbegreifliches, die (negative) Gränze der Vernunft, (weil jene einseitigen Begriffe für die positive Gränze der Vernunft gelten,) nach A. G. also ein nur von dem Willen Gottes Hervorgebrachtes, ein Wunder.

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Es läfst sich daher hieraus folgende Lehre und Regel für alle philosophische Forschungen abstrahiren: Wo Du nur immer im Verlaufe Deines Denkens auf Unbegreiflichkeiten stöfsest, da sei gewifs, dafs sie nur Folgen oder Erscheinungen von den Mängeln und Einseitigkeiten der Begriffe sind, von denen Du als den einzig richtigen ausgehst, dafs Du auf eine höchst sonderbare, ja komische und selbst unredliche Weise, und an einem sehr ungeschickten Orte, nämlich nicht am Anfang, wo Du es hättest thun sollen, sondern erst hintendrein, wo es zu spät ist, im Verlaufe oder am Ende Deines Denkens die Unzulänglichkeit und Mangelhaftigkeit Deiner principalen Begriffe eingestehst. Wo Du also auf Unbegreiflichkeiten stöfsest, da nimm Dir die Mühe, auf den Anfang zurückzugehen, d. h. von Vornen anzufangen, und Deine Fundamentalbegriffe zu prüfen, in ihrer Einseitigkeit zu erkennen, oder sie, und hiemit Deinen ganzen Standpunkt selbst aufzugeben; * kannst Du das nicht, so sei wenigstens so bescheiden, Deine Beschränktheit als die Deinige zu erkennen, Deine Schranken nicht zu den Schranken Anderer, oder gar der Vernunft selbst zu machen.

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VII.

Nicolaus Malebranche.

§. 98..

Einleitung und Uebergang von Cartesius zu
Malebranche.

Ihre vollkommene Entwicklung, Ausbildung und Vollendung fand die Cartesische Philosophie in Malebranche und Spinoza.

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Der Geist als das unmittelbar Gewisse, unbe dingt Reelle ist bei C. das Princip der Philosophie. Der Geist ist aber von ihm nur als einfa-ches Selbst erfafst, das seiner nur im Unterschiede vom Materiellen gewifs ist. Es stehen sich daher bei ihm der von der Materie abgesonderte Geist, und die von allem Geiste abgesonderte Ma¬ terie als zwei selbstständige Gegensätze einander gegenüber..i

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Die Gewissheit von der Realität und Wahr→ heit seiner Vorstellungen und Erkenntnisse von den Objecten, namentlich den materiellen und diese sind gerade sein interessantestes, wesentlichstes Object kann daher der Geist auf diesem Standpunkte, wo er in sich selbst kein Vereinigungsmittel, kein Medium zwischen sich und seiném Gegensatze findet, nicht aus sich schöpfen; er kann sie nur durch die Gewissheit von der Existenz des absoluten Wesens erhalten, das nicht Gegensatz, sondern Wahrheit ist; denn nur in dem Bewusstsein der absoluten Wahrheit, des unendlichen Wesens hebt er die Realität der Gegensätze: auf. Bei C. ist also nur Gott das Princip der objectiven Gewissheit, der Geist wird nur in oder

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